"Dichtung und Wahrheit" Spurensuche in Frankfurt

Klassen 9D und 10 D

12. Juni 2007

 

 

Nachdem feststand, dass die Schülerinnen und Schüler der 10 D ihre schriftlichen zentralen Prüfungen im Fach Deutsch so lehrerfreundlich geschrieben hatten, dass niemand mehr mündlich geprüft werden musste, kam die Frage auf: Was machen wir mit der gewonnenen Zeit?  Schnell war die Lösung gefunden: Wir beschäftigen uns mit einem Dichter und folgen seinen Spuren. Gesagt, getan. Schnell war der Dichterfürst als Objekt der Neugierde erkoren und die Klasse las aus seiner Biografie "Dichtung und Wahrheit", recherchierte im Internet, sah den "Werther", las die frühen Gedichte und recherchierte über die Frauen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt hatten. Mit dem Zug ging es dann nonstop nach Frankfurt, allerdings nicht, ohne die 9 D noch mit einzuladen.

   

Bis 1795 war das Goethe-Haus Wohnsitz der Familie Goethe in der Altstadt von Frankfurt am Main.  1749 wurde Johann Wolfgang Goethe im großen Hirschgraben in Frankfurt geboren. Das Haus seiner Eltern bestand damals aus zwei verbundenen Fachwerkhäusern. 1755 ließ Johann Caspar Goethe (der Vater) aus dem Haus einen vierstöckigen Bau im stil des Spätbarock errichten. Dort lebte Goethe bis 1765. Am 22. März 1944 wurde das Goethe-Haus durch Bombentreffer  zerstört. Heute ist es im Besitz der Stiftung Freies Deutsches Hochstift. Es heißt, dass „echte Frankfurter“ sich nicht für das Goethe-Haus interessieren; so gibt es den Witz vom sterbenden Frankfurter, der auf dem Totenbett noch ein Stoßgebet zum Himmel schickt: „Liewer Gott, lass misch noch leewe – isch geh derr aach ins Geede-Haus!“

Wie man sieht, wird das Haus im Augenblick restauriert. Deshalb war es auch relativ anstrengend, den Museumsführern zuzuhören, da im Hintergrund ständiger Baulärm störte.

 

Im ersten Kapitel seines biografischen Romans "Dichtung und Wahrheit" beschreibt Goethe seine eigene Geburt. Astrologen hätten gemeint, dass er nur überlebt habe wegen der guten Konstellation der Planeten. Sie hätten eine große und gute Auswirkung auf seine Geburt gehabt.

Vor seiner Geburt wurde er schon von der Hebamme für tot erklärt, doch nach großen Bemühungen erblickte er dann doch das Licht der Welt. Daraufhin ließ sein Großvater eine neue Hebammenschulung anordnen. Dies kam dann vielen Neugeborenen zugute.

   

Dieser Großvater war ein in Frankfurt sehr anerkannter Bürger. Sein Porträt hängt im Goethehaus. Johann Wolfgang Textor wurde am 11. Dezember 1693 in Frankfurt geboren und starb am 6. Februar 1771. Johann Wolfgang und seine Gattin Anna Margaretha Lindheimer bekamen fünf Kinder. Darunter war die Mutter Goethes (Katharina Elisabeth), die 1748 den kaiserlichen Rat Johann Caspar Goethe heiratete. 

Am 16. Dezember 1727 wurde er in den Frankfurter Rat gewählt. 1731 wurde er Ehrenamtlicher Richter und mehrmals zum älteren Bürgermeister gewählt. Er machte seine Aufgaben sehr gut, so dass er am 10. August 1747 mit dem Amt des Stadtschultheißen auf Lebenszeit betraut wurde. Als Stadtschultheiß hatte er das höchste Amt in der städtischen Justiz. Zugleich galt er als geschickter Diplomat, konfessionell toleranter Protestant und Repräsentant der österreichischen und antipreußischen Fraktion im Rat.

Johann Wolfgang von Goethe bezeichnet seinen Großvater als ruhigen, niemals zornigen Menschen in altertümlicher Kleidung, der keine Veränderungen in seiner Umgebung und seiner Lebens-weise zuließ. In seiner Freizeit züchtete er Pfirsiche und Nelken.

     

Der Römer war für den jungen Goethe ein beliebter Aufenthaltsort, denn durch seinen Großvater hatte er schon als Kind Zugang zum Ratssaal und erlebte besondere politische Ereignisse hautnah mit.

Besonders beeindruckend waren die Zeiten in Frankfurt, wenn ein neuer Kaiser gewählt wurde, denn dann erschienen dort unglaubliche Menschenmengen, ähnlich wie auch bei den jährlichen Frankfurter Messen, über die Goethe begeistert berichtet.

Eingang zum Römer                                   Statue Karls des Großen

 

 

Über seinen Vater schreibt Goethe, dass er in dem Haus in Frankfurt einen extra Saal hatte, indem er seine gesammelten Bilder aus Italien aufgehängt hat. Denn sein Vater war damals ein reicher Mann und brachte deshalb diese Silber- und Bronzestiche aus Italien mit. Goethes Vater war fasziniert von diesen Bildern, und da Goethe von den Bildern Italiens schon von klein auf begeistert war, war sein Traum derselbe wie der von seinem Vater, nämlich Italien zu sehen. Auch erklärte Goethes Vater ihm diese Bilder, wenn er ein Bild nicht verstand oder nicht zuordnen konnte.

Sein Vater verfasste auch eine Reisebeschreibung in italienischer Sprache. So ganz nebenbei lernte Goethe diese Sprache mit, die seine kluge, aber recht unglückliche Schwester Cornelia bereits als Kind lernte. Cornelia durfte damals nicht studieren, sondern wurde wie alle Frauen verheiratet. Sie starb bereits mit 26 Jahren.

Wie leicht es Goethe fiel zu lernen, erkannt man zum Beispiel daran, dass er mit 16 Jahren Hebräisch, Griechisch, Latein, Englisch, Italienisch und neben dem Hochdeutschen auch Hessisch sprach. Französisch mochte er nicht so gern, aber immerhin hat er auch in Straßburg studiert.

Die Uhr hat heute einen geschätzten Wert von 2,5 Millionen Euro.

 

Das neue Haus war in sehr kurzer Zeit fertig gestellt worden. In diesem Haus versammelte sich die Goethe-Familie und fühlten sich behaglich. Für eine Privatwohnung war das Haus flächenmäßig groß. Es beinhaltete eine riesengroße Büchersammlung, viele teure, edle Gemälde, eine luxuriöse Freitreppe und eine bequeme Aussicht über die Gärten.

Im nebenstehenden Zimmer hat seine Schwester Cornelia ihre Hochzeit gefeiert.

 

 

Die reiche Ausstattung des Hauses sieht man an jedem Gegenstand, seien es nun der Ofen im Gesellschaftszimmer, die Treppe oder die Musikinstrumente. Goethe selbst hatte zwar einen Sohn, August, aber der starb schon relativ früh und seine Enkel hatten keine Nachkommen. Heute gibt es deshalb nur noch entfernte Verwandte über die Nachkommen seiner Schwester und der Nachlass wird von einer Stiftung verwaltet.

   

Einen etwas ungewöhnlichen Einblick in Goethes Reichtum erlebten wir bei der Öffnung des großen Wäscheschrankes im Hausflur. Zum Studieren hatte der junge Goethe das Fünfzigfache zur Verfügung vom Verdienst der Köchin des Hauses und er nahm mit 16 Jahren 240 Oberhemden mit zum Studium nach Leipzig. Diese Zahlen kennt man aus den Haushaltsbüchern der Familie. Lustig wirkt heute das, was man zu Goethes Zeiten darunter trug. Rechts im Bild sieht man eine Herrenunterhose.

 

  Römerberg           

  Paulskirche

 

Nach der Führung durch das Goethehaus hatten alle noch einige Zeit, um in kleinen Gruppen die unterschiedlichsten Dinge anzusehen - außer dem Römer und dem Römerberg etwa die Paulskirche, aber auch die Geschäftsmeile -  und einige schafften es sogar in den Frankfurter Zoo! Ein bisschen eng wurde es allerdings kurz vor 18.00 Uhr, denn die letzten trudelten im Bahnhof zusammen mit dem Zug ein und so war für die Lehrer noch Stress angesagt. Die Wege in Frankfurt sind halt ein wenig länger als in Siegen - das sollte man bei der nächsten Fahrt einplanen.

 

Klasse 10 D, Ergänzungen: mein